Nachruf auf Bruder Kuniald von Karl Heinz Ritschel in den Salzburg Nachrichten, Mai 1982

So ging nur Bruder Kuniald mit Brot um

So viel Aufhebens wäre ihm höchst peinlich gewesen: Mittwoch nachmittags läuteten lange die Glocken von St. Peter, des Doms und der Franziskanerkirche. Viele Menschen in der Bannmeile der Salzburger Mönchsstadt horchten auf. Wem galt der festliche, vielstimmige Gruß der Glocken? Feierlich, fast wie ein Domherr, wurde Bruder Kuniald aus dem Konvent St. Peter zu Grabe getragen. Franziskaner und der Konvent der Erzabtei St. Peter gaben ihm das letzte Geleit, Erzabt Bachler selber feierte die Eucharistie und begleitete den Bruder zu seiner letzten Ruhestätte.
Ein rastloser Mönch wurde da begraben, der den benediktinischen Wahlspruch "Bete und arbeite" zum Lebensinhalt gemacht hatte. Den Salzburgern ist er als der "Bruder Bäckermeister" ein Begriff, denn der im Jahre 1926 in das Kloster eingetretene Bauernsohn war seit 1930 Herr der Pfisterei, also der Klosterbäckerei gewesen. Und das köstlich duftende, würzig schmeckende "St.-Peterer-Brot", höchst begehrt, so daß Bruder Kuniald dreimal am Tag backen musste, ist ihm zu verdanken. Er schuf das Rezept dieses Brotes, der runden Laibe mit dunkler, rissiger Kruste und der bauchigen Wecken, mit weißem Mehl bestäubt. Der schmächtige Mönch lächelte stets, wenn man zu ihm die wenigen Stufen in die Pfisterei hinabstieg, die dicht an den Petersfriedhof angesiedelt ist. Symbolhaft das täglich werdende Brot des Lebens und die friedvolle Ruhe der Vergänglichkeit. Und die heiteren Augen des Bruders funkelten, wenn jemand sein Brot lobte - und das geschah unaufhörlich.
Verschämt wischte er mit seinen stets mehligen Händen über die Kutte. Dieses einst schwarze Ordenskleid war weißlich geworden durch den langen Umgang mit Broten. Kam ein Kind zu ihm, dann warf er den Laib in die Höhe, ihm dabei einen Drall gebend, daß er in der Luft kreiselte. Glücklich über die staunenden Gesichter, wickelte der Mönch die Brote in das Papier. Nahm er das Entgelt, kam noch ein "Vergelt's Gott" dazu, demütig übersah Kuniald, welche Freude er den Menschen gab.
Und wie er seine Brote in die Hand nahm: erfüllt von Ehrfurcht, was da aus Gottes Garten entstanden war, was aus Mehl, Wasser, Sauerteig und Gewürzen in der Hitze des Holzfeuers geworden war.
Kein Brot verließ die Pfisterei, ohne daß der Bruder Bäcker das Kreuzzeichen über den Laib oder Strutzen gemacht hätte.
Ja, so war Bruder Kuniald, der nun nach längerer Zeit der Gebrechlichkeit, als 77jähriger seine letzte Ruhe fand.
Vergelt's und segen's Gott, was Du, Bruder Bäcker, für so viele Menschen getan hast!